Bekanntes Gütersloher Café geschlossen

Gütersloh. Ihr persönliches Abschiedsgeschenk hat Doris Thiele (70) längst in sicherer Verwahrung. &bdquo;Das gebe ich nicht mehr ab", sagt die bekannte Isselhorsterin und meint ein Aquarell des Malers Manfred Uthoff, das das Bauerncafe &bdquo;Unnern Äiken" in seiner ganzen Idylle zeigt. 20 Jahre lang war &bdquo;Unter den Eichen" der persönliche Lebenstraum von Doris Thiele. Der Traum endete am 18. April 2021. Genau 20 Jahre nach der Eröffnung hat die Gastronomin aus Leidenschaft das weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Ausflugsziel geschlossen. &bdquo;Ich bin auf die Leiter geklettert und hab die Schilder abgeschraubt – das wars", erinnert sich die Besitzerin der Immobilie an den Muttertag-Sonntag. Mit der aus freien Stücken erfolgten Geschäftsaufgabe gehört auch das Thema Gastronomie an der Niehorster Straße der Vergangenheit an. Statt mit Kuchen, Torten oder Kaffee wird in den für 55 Sitzplätze ausgelegten Räumlichkeiten des laut der Inschrift im Torbogen am 15. Mai 1906 eingeweihten historischen Bauernhauses demnächst mit Zahlen jongliert. Junges Unternehmen ist schon eingezogen Bereits am 1. Juni ist mit der &bdquo;F&P Private Office GmbH" ein noch junges Unternehmen aus der Finanzbranche eingezogen, das sich laut Mit-Geschäftsführerin Sandra Furtwängler (50) der &bdquo;ganzheitlichen, konzernunabhängigen Beratung zur Vermögensstrukturierung und -anlage" verschrieben hat. Das dreiköpfige Team des erst im Januar 2020 gegründeten Unternehmens mit Furtwängler, ihren Mitgeschäftsführern Jürgen Piesnack (59) und Sascha Vogelsang (38) zieht aus den 180 Quadratmeter großen Seminar- und Präsentationsräumen von Markus T. aus der Dorfmitte auf die gleich große Fläche am Ortsrand um. Der Mietvertrag ist zunächst auf drei Jahre befristet. &bdquo;Mal sehen, wie wir uns verstehen", schaut Doris Thiele als Besitzerin des historischen Gehöftes augenzwinkernd in die Zukunft. Lesen Sie auch: Pleite-Welle in der Gastro im Kreis Gütersloh stark zeitverzögert erwartet Sämtliches Inventar muss an den Mann gebracht werden Für sie geht es jetzt darum, sämtliches Inventar von alten Stühlen, antiken Tischen, Kaffeekannen, Bier-Zapfhähnen, maßgeschneiderter Theke und Unmengen Geschirr an den Mann oder die Frau zu bringen. Bleiben darf vom bisherigen Inventar nur das antike &bdquo;Grüne Sofa" im Raum neben der großen Deele. &bdquo;Da kommt die Telefonecke unseres Großraumbüros hin", hat die gelernte Bankfachwirtin und zertifizierte Testamentsvollstreckerin Sandra Furtwängler bereits einen klaren Plan. Die Geschichte des Kennenlernens der auf der Suche nach einem Nachfolger befindlichen Doris Thiele und den drei Finanzexperten klingt mehr nach Fügung als nach Zufall. Auf dem Rückweg von einem ausgedehnten Mittagsspaziergang im November 2020 kam das Trio am nun ehemaligen Bauernhauscafé vorbei. "Das wäre ein tolles Objekt für uns" Der Isselhorsterin Sandra Furtwängler schoss beim Blick durch die Scheibe unwillkürlich der Gedanke in den Kopf: &bdquo;Das wäre ein tolles Objekt für uns." Just in diesem Augenblick steckte Doris Thiele auf der anderen Seite den Kopf durch die Tür. Bei französischer Schokoladentorte und Kaffee kamen die drei eigenständigen Vermögensverwalter und die &bdquo;Unnern Äiken"-Betreiberin sich menschlich schnell näher. Von dem anfänglichen Gedanken der erhofften gastronomischen Nachnutzung hatte die 70-Jährige sich zu diesem Zeitpunkt bereits verabschiedet. Das Gros der ihr vorliegenden Anfragen kam von Quereinsteigern ohne jegliche Branchenerfahrung. Thiele: &bdquo;Soll ich etwa von meinem Balkon aus zusehen, wie der Laden vor die Wand gefahren wird?" Vielleicht fiel der finale Schritt &bdquo;nach ein paar Wochen Bedenkzeit" auch deshalb so leicht, weil sie ihr Eigentum nun in guten Händen weiß. Bereits vor zwei Jahren, im August 2019, hatte die Inhaberin erstmals öffentlich mit dem Ruhestand geliebäugelt. Damals versicherte sie: &bdquo;Fast zwanzig Jahre in der Gastronomie gehen an die Substanz. Den Lebensabend auskosten zu können, ist so nicht möglich". In all den Jahren nicht eine Torte eingefroren Die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit drei mehrmonatigen Schließungen waren letztlich nur das Tüpfelchen auf dem i. Doris Thiele geht jetzt mit &bdquo;zwei lachenden Augen" und etwas Wehmut. Sie habe einen Haken dran gemacht und freue sich einfach auf die Tage, an denen sie nicht mehr um sechs Uhr morgens aufstehen muss. Natürlich habe sie sich die Schließung anders vorgestellt: &bdquo;Aufgrund der aktuellen Situation bleibt uns eine Feier mit unseren Mitarbeitern, Freunden, Stammbesuchern leider verwehrt." Speziell Letztere gibt es in ganz Gütersloh nicht wenige. Die selbst gebackenen Kuchen und der Bauernhauscharme sorgten über viele Jahre für regen Besucherandrang. &bdquo;An guten Wochenenden habe ich bis zu 30 Torten gebacken", so Doris Thiele. Oftmals sei das Kuchenbuffet an den Sonntagen bereits um 15 Uhr komplett geplündert gewesen. Besonders stolz ist die echte Lutterdörflerin darauf, &bdquo;in zwanzig Jahren nie ein Stück Torte eingefroren zu haben. Entweder haben wir die Reststücke großzügig aufgeteilt, verschenkt oder es war schon vorher alles weg". Das Aquarell von Manfred Uthoff wird sie zeit ihres Lebens an den verwirklichten Lebenstraum erinnern.

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